Liebes Archiv … Einträge vom März 2008

Warum in die Ferne schweifen - La Primavera Vercellese.


Während nördlich der Alpen der Winter tobt und seine Ausläufer bis über die Berge schwappen, verblühen bereits die ersten Magnolien, sind frühe Blütenblätter von Kirschen und Mandeln vom kalten Wind verweht. Ein Buch hat es geschafft, mir seine letzte Seite zu offenbaren, erstaunlicherweise. Und der Frühling geht weiter.

[] Vercelli / Mittwoch, 26. März 2008

Ich komm überallhin mit meinem kleinen Ding.

a Papa, weißt du noch? Während wir unsere Sandburg bauten, sie mit Muscheln und Steinchen dekorierten, uns gegenseitig nackend in den feuchtkalten Sand einbuddelten oder die blaue Wurfscheibe durch die Luft zischen ließen, parkte dein Stolz, der elfenbeinfarbene Trabi am Rand eines goldenen Getreide- oder knallgelben Rapsfeldes. Die Ostseesonne machte uns Stadtheinis Neger und der Wind ließ uns nix davon spüren.
Eines Tages kamen wir vom Strand zurück, wischten uns den feinen Sand von den Füßen und stiegen in die Sandalen, mir kam irgendwas komisch vor, etwas war anders, da fehlte was - der blaue Aufkleber an der Heckscheibe mit dem Kerlchen auf seinem Tretrad war verschwunden, jemand hatte ihn feinsäuberlich abgelöst. Was für ein armes Land waren wir damals, wo man Westaufkleber abkratzte und Fahrradschmutzfänger klaute!

[] Vercelli / Sonntag, 23. März 2008

Auf den Borromäischen Inseln.


Ich sitze auf einer flachen Betonmauer, die menschgemachten Wellen rollen über den Bauschutt von Generationen, die Ziegelkiesel wogen hin und her. Dämliche deutsche Touristen stecken Marmorecken und Granitgeröll in ihre Jutetaschen. Beschaulicher Auftakt der Saison, kein Schubsen und Drängeln. Die Sonne ist heute nicht allein am Himmel, sobald sie verschwindet, wird es ungemütlich. Trotzdem vergehen keine zwei Minuten, bis das nächste Boot dieselrußverschleudernd an den Kais anlegt oder vorüberknattert. Der See ist voll von ihnen.
An jeder Ecke, besonders aufdringlich im Café am Tisch nahe der Hecke, wo ich einen Cappuccio trinke, riecht es stechend nach Katzenpisse. Die Trödelstände mit dem immergleich nutzlosen Tand versperren die Uferpromenade mit den knorrigen Bäumen, die sich meist noch totstellen.
Isola Bella und Isola Superiore gleichen sich da wie zwei Eier vom selben Hahn, ich habe das Zweiinselticket genommen, neunfuffzich, und wie gewöhnlich nur Schlechtes zum Besten zu geben, kennt man ja. Vielleicht sollte ich solche mythisch verbrämten Orte nicht allein besuchen? Ihr seid eingeladen, solange es noch geht.

[] Lago Maggiore / Samstach, 22. März 2008

Kaleidoskop eines Arbeitstages.


Neben dem ermüdenden Tagesgeschäft, das unglaublicherweise auch mich anficht, wo doch sicher jede und jedem Daheimgebliebenen deucht, gar unentwegt aufregend sei es in der Fremde und mit Abenteuern das Leben dort gespickt, nun, hier lassen sich Augenblicke einfangen, die nicht unbedingt von Geschäftigkeit zeugen, und ohne klagen zu wollen, darin liegt der Hund begraben wie auch ein Gutteil der Antwort, warum ich denn noch immer im Land des Süßen Lebens verweilen darf oder muß. Hoch lebe das Eisenschwein.

[] Livorno Ferraris / Mittwoch, 19. März 2008

Licht und Schatten.

     
Hab schon einige Beschwerden übers trübe Wetter auf der anderen Seite der Alpen hören müssen, wieder bin ich wohl auf der Sonnenseite, die Bäume schlagen wild um sich, die Vögel zwitschern in Scharen, es kreucht und fleucht. Am Lago Viverone, eine halbe Stunde nordöstlich Vercellis, kann man am Palmsonntag schon im Café sitzen und erfolglos auf ein Bier warten. Besser geht man an die Bar und bestellt direkt. Auf dem See im Tretboot ist es noch etwas frisch, wenn der Wind aus den Bergen übers Wasser weht und die federleichten Wolken die Sonne verdecken..

[] Lago Viverone / Sonntag, 16. März 2008

Ausnüchtern am Fluß.

Wer ordentlich feiert, darf auch den ganzen Tag danach spazieren gehen, bis es nicht mehr wehtut, zur Not sogar zweimal, einmal links von der Brücke und einmal rechts, rauf und runter bis die Sonne untergeht hinter dem Deich, der Vercelli vor der wilden Sesia beschützt.
Es ist verdammt warm, die Sonne brennt vom blauen Himmel. Der Frühling klopft an, Bäume schlagen aus, es grünt, die Luft ist plötzlich voller Getier, das wird uns noch Freude machen.

[] Vercelli / Sonntag, 02. März 2008

...und hier geht's weiter in die Vergangenheit.